Lehrbetrieb
Eine wichtige Quelle zur Erforschung der Technischen Hochschule Berlin und der späteren Technischen Universität Berlin stellen die jeweiligen Vorlesungsverzeichnisse dar. Die Verzeichnisse der Jahre 1874–1950 wurden vom Universitätsarchiv digitalisiert und sind online verfügbar. Es handelt sich teilweise um Personal- und Vorlesungsverzeichnisse mit allgemeinen Bemerkungen und Mitteilungen über das Studium an der Technischen Hochschule Berlin, teilweise nur um einfache Vorlesungsverzeichnisse ohne weitere Rahmeninformationen. Ein Vergleich von bestimmten Inhalten von Semester zu Semester gestaltet sich aus diesem Grund schwierig, trotzdem kann ein genereller Überblick über die Jahre 1932–1945 gegeben werden.
Zulassung und Kosten
In den Jahren 1932 und 1933 konnten „Reichsinländer“ [1] und unter bestimmten Voraussetzungen auch Ausländer, gegen eine Studiengebühr von 100 RM (hinzu kam eine „Anmeldegebühr“ in Höhe von 30 RM für die Einschreibung) ein Studium an der Technischen Hochschule Berlin aufnehmen. [2] Zusätzlich fällig wurden Beiträge für bestimmte Studiengänge (10 RM), das Institut für Leibesübungen (3,75 RM) und eine Wohlfahrtsgebühr in Höhe von 16 RM. Teilnehmer oder Kriegsgefangene des Weltkriegs zahlten die Hälfte der genannten Gebühren. [3] Die Kosten für ein Studium verringerten sich mit einer Studiengebühr von 80 RM im Jahr 1935 und blieben dann ab diesem Zeitpunkt konstant.
Ab dem Jahr 1935 lassen sich in den Verzeichnissen strengere Zulassungsbedingungen finden. So war von den „Studenten (Studentinnen) als auch von Hörern (Hörerinnen) und Gastteilnehmern (Gastteilnehmerinnen) […] bei der Aufnahme der Nachweis ihrer Abstammung (arisch, nichtarisch) zu erbringen.“ [4] Damit wurden sogenannte „nichtarische“ Studierende zwar zum Studium zugelassen, allerdings unter antisemitischer Reglementierung mithilfe des Gesetzes gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen vom 25.04.1933.
„Als nichtarisch gilt, wer von nichtarischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt. Es genügt, wenn e i n Elternteil oder e i n Großelternteil der jüdischen Religion angehört hat. Reichsdeutsche nichtarischer Abstammung I. deren Väter im Weltkriege an der F r o n t für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft haben sowie II. Abkömmlinge aus Ehen, die vor dem 25. April 1933 geschlossen sind, wenn e i n Elternteil oder z w e i Großeltern arischer Abkunft sind, werden hinsichtlich der Aufnahme wie Arier behandelt.“ [5]
Diese Formulierung findet sich auch in den nachfolgenden Verzeichnissen bis 1938. Ab 1939 war ein "Abstammungsnachweis" als Aufnahmebedingung vorgesehen:
"Von den Studenten und Hörern ist bei der Aufnahme der Nachweis ihrer deutschblütigen Abstammung zu erbringen. Als nicht deutschblütig gilt, wer von nichtdeutschblütigen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt. Es genügt, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil der jüdischen Religion angehört hat. Juden werden nicht aufgenommen. Abkömmlinge (Mischlinge) aus Ehen, die vor dem 25.April 1933 geschlossen sind, werden hinsichtlich der Aufnahme wie deutschblütige behandelt, wenn ein Elternteil oder zwei Großeltern deutschblütiger Abkunft sind. Die Mischlinge müssen aber damit rechnen, daß ihre Aufnahmeanträge bei Überfüllung der Hochschule in erster Linie auch nach erfolgter Zulassung zurückgewiesen werden.“ [6]
Titelblatt des Vorlesungsverzeichnisses für das Sommersemester 1938 und das Wintersemester 1938-1939.
Ab 1942 unterlag „[d]ie Aufnahme von Mischlingen […] der Genehmigung des Herrn Reichsministers für Wissenschaft usw.“ [7]
Im Vorlesungsverzeichnis für das Wintersemester 1944/45 und für das Sommersemester 1945 wird darauf hingewiesen:
„Neuimmatrikulationen finden zur Zeit nur statt für Kriegsversehrte und Kriegerwitwen, die vom Arbeitsamt vorübergehend nicht eingesetzt werden. Alle übrigen Abiturienten und Abiturientinnen werden auf die Fernimmatrikulation verwiesen. Auskunft: Aufnahmebüro der Technischen Hochschule Berlin.“ [8]
Auch ausländische Studierende hatten in den Jahren 1932–1945 die Möglichkeit, an der Technischen Hochschule Berlin zu studieren. „Vorbedingung für die Zulassung ist jedoch, daß der Heimatstaat des Ausländers Gegenseitigkeit gewährt, d.h. daß an seinen Hochschulen die deutschen Reifezeugnisse in gleichem Umfange wie die entsprechenden inländischen Zeugnisse als ausreichender Nachweis der Vorbildung für die Zulassung anerkannt werden.“ [9]
Lehrinhalte
Ab den 1930er Jahren steigt das Angebot an militärisch relevanten Lehrveranstaltungen deutlich an. Schon im Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1932–1933 finden sich Angaben über Kurse wie etwa „Entwicklung und Konstruktion der Überwasser-Kriegsschiffe“ oder „Entwerfen von Kriegsschiffen“ an der Fakultät für Maschinenwesen. [10] Eben jene Kurse wurden auch in den Jahren danach immer wieder angeboten. Erst in den Jahren 1935–1936 kamen mehr und mehr offensichtlich militärische Angebote hinzu, wie etwa Kurse für Bauingenieure mit dem Titel „Behelfs- und zerlegbare Brücken für Kriegseisenbahnen“,[11] oder der Fakultät für Allgemeine Technologie „Kriegsführung und Verkehrswege“,[12] sowie „Geschichte des Wetterdienstes und meteorologische Erfahrungen des Weltkrieges“. Begleitet wurden diese Veränderungen des Lehrplans auch durch Einstellungen neuer Lehrender, wie beispielweise Karl Becker, Generalleutnant im Reichskriegsministerium als Ordentlicher Professor oder Josef Kölzer, Oberregierungsrat im Reichskriegsministerium als Honorarprofessor.[13] Auch ein Kurs „Allgemeine Wehrtechnik“ wurde zum ersten Mal angeboten. Im Vorlesungsverzeichnis für die Jahre 1935–1936 ist die Fakultät V noch als „für allgemeine Technologie“ bezeichnet, im darauffolgenden Verzeichnis erhält sie den Namen „Wehrtechnische Fakultät“, die angebotenen Lehrveranstaltungen unterscheiden sich allerdings nicht wesentlich. Des Weiteren waren ab April 1934 für jeden Studierenden sportliche Betätigungen verpflichtend.
„Laut Erlaß des Ministers vom 28. April 1934 ist jeder der Deutschen Studentenschaft angehörende Student verpflichtet, drei Semester lang Leibesübungen zu treiben (wöchentlich 3- 4 Stunden in zwei Übungszeiten). Die Ableistung dieser Sportpflicht muß während der ersten drei Studiensemester in Form der Kernausbildung erfolgen.“ [14]
Die Inhalte der Lehrveranstaltungen an der WTF wurden mit den Jahren weiter spezifiziert. Das im März 1939 erschienene Personal- und Vorlesungsverzeichnis für das Sommerhalbjahr 1939 und das Winterhalbjahr 1939/1940 beinhaltet Vorlesungen mit Titeln wie „Befestigte Unterstände und Arbeitsplanung“[15], „Die wehrhafte Wirtschaft“[16] oder „Militärischer Straßenbau“[17]. Die Liste der Veranstaltungen umfasst hier 68 Angebote, im Jahr 1941 sind es bereits 79, im nachfolgenden Verzeichnis 97. Im Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1943 und das Wintersemester 1943–1944 wurde eine weitere Unterteilung der Angebote an der Wehrtechnischen Fakultät in „Physik und Gerätetechnik“, „Chemie“, „Technologie“, „Waffenbau“, „Wehrbautechnik“. „Militärisches Kraftfahrwesen“, „Luftschutz“ und „[z]usätzliche Fächer“ vorgenommen.[18]
Ausschnitt vom Titelblatt des Personal- und Vorlesungsverzeichnisses für das Wintersemester 1935/36 und das Sommersemester 1936
[1] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1932-1933; S. 7. [2] ebenda; S. 15-16. [3] ebenda; S. 14. [4] Technische Hochschule Berlin: Personal- und Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1935-1936; S. 23. [5] ebenda; S. 23. Hervorhebung im Original. [6] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1939 und das Wintersemester 1939-1940; S. 6. [7] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1941 und das Wintersemester 1941-1942. Mit Ergänzungen für das Studienjahr 1942/43 (nach S. 195); S. 11. Hervorhebung im Original. [8] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1944 und das Wintersemester 1944-1945; S. 2. [9] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1939 und das Wintersemester 1939-1940; S. 13. [10] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1932-1933; S. 110. [11] Technische Hochschule Berlin: Personal- und Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1935-1936; S. 137. [12] ebenda; S. 201. [13] ebenda; S. 73. [14] ebenda; S. 26. [15] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1939 und das Wintersemester 1939-1940; S. 169. [16] ebenda. [17] ebenda; S. 170. [18] Technische Hochschule Berlin: Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1943 und das Wintersemester 1943-1944 ; S. 124-128.
Quellen
Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1932-1933, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:kobv:83-goobi-271082 , lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1933-1934, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-50941, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Personal- und Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1935-1936, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn:nbn:de:kobv:83-goobi-156750, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Personal- und Vorlesungsverzeichnis für das Studienjahr 1936-1937, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-160764, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1938 und das Wintersemester 1938-1939, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-18822, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1939 und das Wintersemester 1939-1940, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-137770, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Vorlesungsverzeichnis für das Sommer- und Herbsttrimester 1940 und für das Wintertrimester 1940-1941, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-35755, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1941 und das Wintersemester 1941-1942. Mit Ergänzungen für das Studienjahr 1942/43 (nach S. 195), Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-187514, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1943 und das Wintersemester 1943-1944, Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-217597, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).
Vorlesungsverzeichnis für das Sommersemester 1944 und das Wintersemester 1944-1945 , Digitalisat der Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, http://ubsrvgoobi2.ub.tu-berlin.de/viewer/resolver?urn=urn%3Anbn%3Ade%3Akobv%3A83-goobi-111373, lizenziert unter Creative Commons Namensnennung 4.0 International (CC BY).