Ernst Storm – Rektor der TH Berlin und von den Nazis vertriebener „überzeugter Nationalsozialist“

1894 - 1980

Ernst Storm studierte bis 1925 Volkswirtschaft an der Universität Breslau. Von 1926 bis 1933 war er Assistent am Bergwirtschaftlichen Seminar der TH Berlin, wo er 1930 habilitierte.

Storm war seit 1932 Mitglied der NSDAP und der SA und galt als „überzeugter Nationalsozialist".[1] Ein Beispiel hierfür war sein Versuch, bereits im März 1933 die Hakenkreuzfahne am Hochschulgebäude zu hissen, um die Nähe der Institution zum Nationalsozialismus zu zeigen. Storm war ab 1933 Ordinarius für Berg- und Volkswirtschaftslehre und ab 1935 ordentlicher Professor für Wehrwirtschaftslehre. Im gleichen Jahr trat er von der SA zum Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK) über, wo er bis 1940 zum Brigadeführer aufstieg.

1938 wurde er von dem damaligen Rektor der TH Berlin, Achim von Arnim, zu seinem Nachfolger bestimmt. Bei der Übergabe des Rektorats von Achim von Arnim an Storm beschrieb Storm das Amt des Rektors wie folgt: „Der Rektor besitzt Führerstellung. Er ist dem Reichswissenschaftsminister voll verantwortlich."[2]

Nach seinem steilen beruflichen und politischen Aufstieg begann Storms Vergangenheit ihn einzuholen. Im April 1942 wurde er seines Amtes als Rektor enthoben, als bekannt wurde, dass er bis 1926 mit einer Jüdin verheiratet gewesen war. In seiner Abschiedsrede verkündete er: „Die Technische Hochschule Berlin galt schon vor der Machtübernahme als eine Hochburg des Nationalsozialismus unter den deutschen Hochschulen", was durchaus plausibel scheint. [3]

Im November 1942 teilte Willi Willing zudem mit, dass Nachforschungen ergeben hätten, dass Storm eine jüdische Großmutter mütterlicherseits aufzuweisen habe und damit „Mischling zweiten Grades" sei. Deshalb habe er, Willing, den Ausschluss aus der Partei aufgrund einer falschen eidesstattlichen Erklärung hinsichtlich Storms Abstammung beantragt. Storm versuchte sich aus der Sache herauszuwinden, indem er in einem Schreiben mitteilte, dass er zwar von der Abstammung seiner Großmutter gewusst habe, sich aber sowieso immer sicher war, nicht zu seiner Familie gehören zu können und „ein untergeschobenes Kind" zu sein.[4]

Seiner Lehrtätigkeit war er zu diesem Zeitpunkt noch nicht offiziell enthoben. Allerdings wurden Storms angekündigte Vorlesungen entweder gar nicht ausgehängt oder überklebt, was ihn im Dezember 1942 dazu veranlasste, seine Beurlaubung zu beantragen.

Im darauffolgenden Jahr wurde er auch aus der NSDAP ausgeschlossen, da er „die Tatsache [...] seiner früheren jüdischen Verheiratung bewusst verschwiegen" habe.[5]

1943 zog er nach Schlesien. 1947 wurde er trotz seines anfänglichen Eifers für den Nationalsozialismus im Zuge der Entnazifizierungsverfahren als „entlastet" eingestuft. Er lehrte anschließend an der Volkshochschule Peine in Niedersachsen.[6]

[1] Baganz: Diskriminierung, S. 52.
[2] ebd., S. 40.
[3] ebd., S. 30.
[4] ebd., S. 57.
[5] ebd., S. 30.
[6] Grüttner: Biographisches Lexikon, S. 170


Literatur

Baganz, Carina: Diskriminierung, Ausgrenzung und Vertreibung. Die Technische Hochschule Berlin während des Nationalsozialismus, Berlin 2013.

Grüttner, Michael: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik, Heidelberg 2004.